Schon um 1980 hatte ich Kontakt zum Institut für Ur- und Frühgeschichte in Heidelberg. Über die Höhlenforschung konnte ich Kontakt mit Klaus Schmitt aufnehmen. Es gibt aus dem Jahr 1981 auch einen handschriftlichen Briefwechsel mit ihm. Der persönliche Kontakt ergab sich aber nie. Stattdessen war ich im persönlichen Austausch mit Prof. Harald Hauptmann, Leiter des Instituts in Heidelberg und später auch Leiter des DAI in Istanbul.
Während Klaus Schmitt 1994 Göbekli Tepe als PPN-Grabungstelle ausmachte, war ich mit den Folgen meiner Entdeckungen von Wasserressourcen im Ortatoros beschäftigt und es ergab sich nie, dass wir uns in der Türkei begegnen konnten, obwohl auch ich ab 1990 über 30 Mal in der Türkei war.
Am 20.01.2007 war die Eröffnung der Ausstellung 12.000 Jahre Anatolien, in der die Neuentdeckungen vom Göbekli tepe vorgestellt wurden. Auch Klaus Schmitt und Harald Hauptmann waren anwesend.
Ich wollte schon immer endlich einmal zum Göbekli tepe, um mir diese Sensation endlich einmal selbst anzusehen. Irgendwie kam das nie zustande. Zu meinem 77. Geburtstag wollte ich mir das endlich gönnen. Wir buchten schon im Oktober 2024 alles für den Aufenthalt: Parken mit Transfer in Stuttgart, die Flüge über Stuttgart nach Gaziantep und zurück, das Hotel für 2 Nächte in Gaziantep, das Mietauto aus Gaziantep von Flughafen zu Flughafen, das Hotel in Sanliurfa.
Am 24.01. fuhren wir nach Stuttgart und parkten zum ersten Mal über Parkos mit Transfer zum und vom Flughafen. Das ist unbedingt empfehlenswert.
Die Flüge über Turkish Airlines waren angenehm und ebenfalls empfehlenswert.
Istanbul glänzte mit freier Sicht.
Auch Gaziantep bot einen klaren Nachthimmel.
Der Transfer zum Mietautoanbieter cizgi funktionierte.
Was dann als einziges nicht funktionierte, war die Suche nach dem Hotel SNOWROSE. Das gab es nicht unter der angegebenen Adresse. Ich kam leider selbst nicht dahinter, dass ich nach dem türkischen Namen KARGÜL suchen musste. Im Hotel bekamen wir zwar 2 Räume, aber die Dusche funktionierte nur mit Überschwemmungen. Auch hatte das Hotel keinen eigenen Parkplatz. Man musste sich hinter dem Hotel in den engen Nebenstraßen eine Parkmöglichkeit suchen.
Das war aber auch das Einzige, was an diesem Urlaub weniger angenehm sein sollte.
25.01.2025
Am folgenden Tag hatten wir einen ganzen Tag für diese große Stadt zur Verfügung. Die Burg selbst war geschlossen, aber die Basare um die Burg waren durchaus interessant.
Am Nachmittag wählten wir das ZEUGMA-Museum aus. Das sollte ein MUSS für jeden Besucher sein. Im Rahmen einer Notgrabung vor einer Überflutung durch einen Stauseebau wurden in Zeugma Befunde geborgen, die inzwischen zu den größten Mosaiksammlungen in einem Museum weltweit gehören. Der Eintritt von 12 Euro ist angemessen.
Die Fülle ist überwältigend. Die Größe des Museums war notwendig, um große Befundlagen komplett ausstellen zu können.
Dieses Mosaik eines Mädchens wurde zum Indikativ für das ZEUGMA-Musem. Der Trick dabei ist der einzelne kleine weiße Stein in jedem Auge des Mädchens, was das Glitzern im Blick erzeugt.
Draußen auf dem Mittelstreifen der Schnellstraße, die direkt am Museum vorbeiführt, ist eine lebensgroße Karawane aufgestellt, die einen reizvollen Kontrast zu den vorbeirasenden Autos bildet.
Am Abend gönnen wir uns noch einen Besuch des größten Parks der Stadt, der wohl auch einen der größten Picknickareale in der Türkei darstellen dürfte. Es gibt alles: Unzählige Tische und Bänke unter Bäumen, Grillstellen, Wasser, …
Die Entfernung ist zu groß, um die beiden kleinen weißen Steine im Auge zu sehen….
26.01.2025
Wir fahren nach Sanliurfa und finden das große Hotel NEVALI an einem großes Kreisverkehr an der D400. Wir können gleich einchecken und das Zimmer beziehen.
Damit haben wir noch viel Zeit an diesem ersten Tag. Wir beschließen, zum Karpfenteich zu fahren. Es ist Sonntag. Kein Wunder, der Verkehr staut dort. Es gibt auch keine Parkmöglichkeit. Deshalb fahren wir auf den Burgberg hinter dem Garten um die Moschee mit dem Karpfenteich und einem weiteren Teich, der mit Booten befahren werden kann. Oben auf dem Berg sind ein Friedhof und auch Häuser. Dort finden wir einen Parkplatz. Wir genießen zunächst die Aussicht.
Der Karpfenteich ist links vom linken Minarett hinter den Bäumen.
Eine breite Treppe führt abwärts zur Moschee und dem Bereich des Karpfenteiches, der eigentlich nur Balikli göl (Fischteich) heißt. Auf dem Weg nach unten liegen zwei “Höhlen”, die wohl einmal byzantinische Felsenkirchen waren, dem islamischen Bildersturm zum Opfer fielen und heute Restaurants sind.
Wir langen zuerst beim See, über den man sich mit einem Ruderboot schippern lassen kann.
Danach kommt der Karpfenteich, der wohl mit seinen “Heiligen Fischen” religiösen Charakter hat.
Beim Rückweg zum Auto kommen wir zu einer Beerdigung auf dem Friedhof, den wir durchqueren. Sie schaufeln gerade das Grab zu.
Im Hotel geht Angela in den SPA-Bereich zum Schwimmen. Ich setze mich ans Tagebuch und komme später für eine Runde heißes Wasser im Hamam verschütten nach.
Angela will noch etwas im Rooftop-Restaurant essen. Das machen wir und genießen die Aussicht.
27.01.2025
Ich will vor der Erfüllung meines Traumes mit dem Besuch vom Göbekli tepe gut vorbereitet sein. Deshalb habe ich mir das Buch von Klaus Schmitt “Sie bauten die ersten Tempel” noch in den Tagen vor dem Abflug besorgt und habe begonnen, zu lesen. Auch hier in der Türkei nutze ich jeden Moment, um weiterzulesen. Aus demselben Grund will ich zuerst ins Archäologische Museum von Sanliurfa, weil dort die Befunde vom Göbekli tepe ausgestellt und museumspädagogisch aufbereitet sind. Also ist heute zuerst das Archäologische Museum dran.
10 Euro pro Person sind ein angemessener Preis. Neben dem Archäologischen Museum ist noch ein Mosaikmuseum im Preis inbegriffen, das sich daneben befindet und Mosaiken zeigt, die hier vor Ort gefunden wurden.
Zentral liegen zwei T-Pfeiler-Kreise nebeneinander. Den größeren kann man begehen und kann auch anfassen. Ich nehme an, es sind Replikate in Originalgröße aufgestellt.
Es ist nicht vorstellbar, wie Menschen vor 10.000 bis 12.000 Jahren diese mächtigen Blöcke aus dem Felsen gehauen, mit Reliefs versehen, sie transportiert und aufgestellt haben – ohne jedes Metallwerkzeug. Man muss viel verstehen lernen und erfasst haben, um den Befund vor Ort richtig einordnen und begreifen zu können. Durch die Beschäftigung mit dem Buch von Schmitt und dem Museumsbesuch vor der eigentlichen Originalstätte haben wir eine gute Basis für das Verstehen einer Situation, die noch 1990 für Archäologen selbst undenkbar war. Neolithikum wurde mit bestimmten Scherben verbunden (PN = PotteryNeolithic). Niemand erwartete eine PPN-Phase (Pre-Pottery-Neolithic) mit Megalithkultur.
Wenn ich alles richtig verstanden habe, gab es am Ende der Eiszeit im östlichen Mittelmeerraum das Natufien, danach das PPN a und das PPN b, gefolgt vom PN a und dem PN b. Dann das Chalkolithikum.
Danach kamen Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit.
Leitformen des PPN im Fruchtbaren Halbmond sind Feuerstein (Obsidian, Silex) und eventuell die mit dem obersten Teil aus der Erde ragenden und ansonsten zugeschütteten T-Pfeiler. Vergesellschaftet sind sie heute mit künstlich geschlagenen Näpfchen – Kupolen (von cup holes) – von denen aber nicht sicher ist, wann und wofür sie angelegt wurden. Sie könnten auch danach entstanden sein, weil sie bisher nur an Stellen aufzufinden sind, die nicht bedeckt, sondern offen waren. Dafür sind sie aber im gesamten Mittelmeerraum zu finden. Auch ich fand welche in meinem Expeditionsgebiet, allerdings an einem besonderen Ort in 2000m Seehöhe, und ich würde mich nicht wundern, wenn er archäologisch von Bedeutung sein könnte.
Aber zurück zum Museum in Urfa. Außer den beiden großen Steinkreisen gibt es natürlich viele Grabungsbefunde als Einzelstücke, die beeindrucken.
Der Urfa-Mann wurde bei Bauarbeiten im Bereich des Karpfdenteiches gefunden.
Die “Zähnefletscher” sind wohl ein Leitmotiv der plastischen Kunst.
Ein Eber beeindruckt allein schon von seiner Größe.
Daneben gibt es Vögel, Raubtiere und Reptilien.
Daneben gibt es “ithyphallische” Plastiken, die Männer mit erigiertem Penis oder phallusförmige Figuren zeigen. Das Männliche ist ein dominantes Motiv, das keinen Konterpart im Weiblichen findet. Die Kultur war auf keinen Fall eine matriarchalische.
Eine Großplastik zeigt wieder einen “Zähnefletscher”, der einen Menschenkopf in den Tatzen hält.
Es gibt reich skulpturierte Säulen, die aber auch teilweise durch die Mauern überbaut wurden. Es zeigt sich, dass die gesamte Anlage wohl über 1000 Jahre lang benutzt wurde und viele Ausbaustufen und Überformungen aufzeigt.
Eine einzige Ritzzeichnung in der gesamten Anlage zeigt eine weibliche Figur, die “gebärende Göttin”, wobei diese Deutung sehr unsicher ist.
Bei der Bienenstock-Bauweise von Häusern in dichter Reihung gibt es wohl Zustiege über den Bereich der Flachdächer, die mit diesen Umrandungen hätten ausgestattet sein können.
Der Bereich der Ausgrabungen vom Göbekli tepe (PPN) ist für mich so beeindruckend, dass ich den Rest des Museums, der durch die Präsenzen aller weiteren Kulturen im Bereich Urfa streift, nicht mehr so bedeutend und ich bin auch wengier aufnahmefähig.
Ein Diorama aus einer Zeit zwischen dem PN b und dem Chalkolithikum – nach der Erfindung des Rades – interessiert mich natürlich.
Die Kupfer- und Bronzezeit mit der Erfindung und dem Ausbau der Metallurgie ist z.B. durch Gussformen belegt.
“Spielzeugautos” gab es wohl schon im späten Neolithikum.
Seit dem PPN b werden die Steinplastiken auch geglättet.
Und schließlich kommt als Rohstoff noch das Glas hinzu.
Die Römer und Griechen hinterlassen Mosaiken und Säulen …
… und manche Säulen beeindrucken durch kunstvolle Reliefierung.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Ausgestaltung des Museums beeindruckt, dass die Lebendigkeit und Zugänglichkeit hautnah ist und dass die Orientierung auf den Besucher bis zur Markierung von lohnenden Selfie-Punkten auf dem Boden geht.
Wir haben den Eindruck, dass wir jetzt gut gerüstet sind für das Erlebnis am Göbekli tepe.
Obwohl wir ziemlich angefüllt sind mit Eindrücken gehen wir noch zum angrenzenden Mosaikmuseum, das im Eintrittspreis inkludiert ist.
Ein gewaltiger Rundbau ist über einer Anlage in situ erstellt worden und zeigt darüber hinaus noch hinzugefügte Ausgrabungen von anderen Orten.
Der Ausschnitt an der Wand ist die Amazone Melanitti – unten in der Gesamtansicht die Reiterin links unten.
Wenn man das Mosaik des Mädchens im Zeugma-Museum gesehen hat, muss man feststellen, dass ihr der kleine weiße Stein im Auge fehlt. Das kann auch ihr Busen nicht wettmachen…
Ein komplettes Familiengrab wurde nach hier versetzt.
Der Urtyp des Christus als Mosaik kommt aus den Schulen von Urfa.
Am Ausgang überzeugt ein Mosaik des Orpheus.
Danach sind wir voller Eindrücke und geplättet.
Sanliurfa in der Abendsonne vom Burgberg aus ist ein guter Abschluss eines solchen Tages.
Angela kauft im arabischen Viertel hinter dem Hotel ein und findet sogar Bier. wir haben alles, im auf dem Zimmer ein gutes Abendessen zu genießen.
Zum ersten Mal im Urlaub komme ich mit dem Laptop nicht ins Internet, weil Handys zwar beim Einloggen die Anmeldeseite anzeigen, aber nicht der Laptop.
Auch deutsches Fernsehen ist nicht zugänglich. Es gibt außer einer Unzahl türkischer Sender nur CNN Turk in englischer Sprache.
Daran können wir feststellen, dass wir zu einer Minderheit gehören. Auch die Reaktion der Bevölkerung auf uns ist bemerkbar. In vielen Bereichen sind wir absolute Exoten.
28.01.2025
Ich stehe schon um 8.30 Uhr auf und gehe zum Frühstück, für das ich mir heute 3 Gänge gönne – Suppe, gemischter Teller mit viel Buntem, Obst. Zum dritten kommt Angela um 9.45 Uhr nach. Ich habe das Buch von Schmidt dabei.
Wir beschließen, heute zum Göbekli Tepe zu fahren. Ich denke, wir sind jetzt so weit und auch Angela meint später, dass es wichtig war, alles andere als Erklärung dazu vorzuschalten. Ich bin zwar seit Jahrzehnten “im Thema”, sie allerdings hat viele Erkenntisse nachzuholen.
Das funktioniert recht gut. Selbst google maps ist sich allerdings nicht immer sicher, wo wir abbiegen müssen. Wenn man sich aber an die Eigentümlichkeiten gewöhnt hat, funktioniert das. Gut ist, dass ich fahre und Angela kann sich auf den Navi konzentrieren.
In der Nähe des Göbekli Tepe kann man erkennen, dass ein riesengroßes Areal eingezäunt ist. Wir fahren am Zaun entlang und kommen bei den beiden Empfangsgebäuden an. Vor der Schranke muss geparkt werden. Ein Gebäude enthält Kasse, Souvenirladen und Toiletten, das andere eine Ausstellung.
Wir lösen die Tickets – 21 Euro pro Person.
Es gibt noch Sweatshirts. Die Größe XXL ist von 1500 auf 900 TL runtergesetzt. Angela schenkt mir eines zum Geburtstag.
Dann gehen wir hoch zur zweiten Schranke, wo es Shuttle-Busse gibt zum Grabungsareal.
Oben das Kassen- und Ausstellungsgebäude, unten der Beginn der Ausgrabungszone mit dem großen Zeltdach über dem zentralen Komplex.
Göbekli Tepe ist ein aufgeschütteter Hügel auf der Hochfläche, die alles bietet, was als Grundmaterial für die Bauten und Artefakte nötig war.
Vom Hügel aus ist die umgebende Landschaft gut zu überblicken. Man sieht bis nach Syrien.
Direkt am Ankunftspunkt der Shuttlebusse oben erkennt man eine in den Fels gehauene Bodenfläche für eine Säulenanlage – allerdings nur das und kein Inventar. Rechts daneben ist ein Feld mit Kupolen und zwischen diesen beiden Befunden sind zwei tiefe, kreisrunde Löcher. Die drei Befunde sind wohl mit einigen Tausenden von Jahren Abstand geschaffen worden.
Die Wege sind mit eisenbahnschwellenartigen Balken sehr stabil so auf den Grund gesetzt, dass sie jederzeit wieder rückstandslos entfernt werden können.
Und dann stehe ich endlich vor der zentralen Ausgrabung – die älteste “Tempelanlage” der Menschheit mit bis zu 12.000 Jahren Alter.
Die gesamte Anlage ist so beeindruckend, dass wir die Runde mit einer Pause dazwischen zweimal machen. Dann erst gehen wir wieder runter zum Shuttlebus.
Wir gehen noch in die kleine Ausstellung unten im Empfangsbereich.
Bei den Ausgrabungswerkzeugen ist ein Klapp-Metermaß als Werbung einer Firma aus Karlsruhe-Durlach. Es gibt auch Original-Protokolle und einen T-Pfeiler als Replikat.
Die Verschachtelung der Befunde lässt mich eine mögliche Ursache andenken, die ich bis jetzt im Buch von Schmidt noch nicht gefunden habe:
Es gab damals wohl Stämme, die alle als Jäger und Sammler sich und ihre Jagdgebiete verteidigen mussten. Darunter gab es erfolgreiche und weniger einflussreiche. Wenn Göbekli Tepe rund 1000 Jahre lang als Kultstätte betrieben wurde, gab es dort natürlich Spezialisten für die Bauarbeiten und die Kunst. Diese konnten von den Stämmen gekauft werden, um sich selbst und ihren Einfluss darzustellen. Wenn die Bedeutung eines Stammes versank und ein neuer emporstieg, konnte auf dem relativ kleinen Feld, das zur Verfügung stand, Altes überbaut und Neues errichtet werden.
Über einen Zeitraum von 1000 Jahren kann so eine Anlage entstehen, die diesen Befund aufweist.
Die Steinmetz-Schulen, von denen sich ehrgeizige Schüler abspalteten, sorgten dafür, dass es auch Konkurrenzanlagen gab, in denen man evtl. günstiger mit einem eigenen Kultplatz renommieren konnte. Später sollten wir in Karahantepe eben das finden. Dort gibt es auch kleine Anlagen mit kleinen T-Pfeilern und ohne Reliefs. Bisher ist Göbekli tepe wohl die älteste und damals renommierteste und damit auch teuerste.
Eines ist sicher: Die Dauer der Grabungskampagnenfinanzierung bis 2035 wird erweitert werden, denn es wird noch viele Jahrzehnte dauern, diesen Komplex so weit auszugraben, dass das Bild jener Zeit so komplett erscheint, dass der Ansporn für weitere Ausgrabungen fehlen wird.
Und es werden wie in Karahantepe weitere Anlagen hinzukommen, die das Verständnis jener Zeit und deren Relikte erweitern werden.
Außerdem gibt es eine Menge Fragen und ungeklärte Phänomene, wie das der Kupolen. Ich hatte 2007 Klaus Schmitt schon danach gefragt und hatte den Eindruck, er weicht einer Antwort aus.
Dann fahren wir nach Urfa zurück. Ich will wissen, wo das Stadtmuseum ist. Wir finden das Viertel, das hinter dem Karpfenteich an der alten Stadtmauer liegt. Dort ist Vieles noch sehr ursprünglich.
Wir kommen genau um 17 Uhr an. Das Museum schließt. Wir wollen auch nicht rein – ich wollte nur wissen, wo das liegt. Wir müssen einfach die Straße zum Karpfenteich nehmen, daran entlang weiterfahren und dann rechts rein in den Bereich der Basare.
Im Hotel mache ich zunächst einen Film vom in die Abendsonne aufwärts fahrenden Aufzug. Dann natürlich noch ein Foto von der Terrasse aus.
Das Abendessen am Vorabend meines 77. Geburtstages fällt auf dem Zimmer deftig aus. Das Efes darf natürlich nicht fehlen. Im Hotel ist insgesamt kein Alkohol zu bekommen.
29.01.2025
Der Geburts-Tag beginnt mit einem Frühstück im Rooftop-Restaurant. Heute bin ich bescheidener und begnüge mich mit 2 Gängen – ein Teller Frühstück und ein Teller Obst.
Danach beschließen wir, nach Harran zu fahren. Rund 40 km sind bedeutend angenehmer als 3 Stunden Fahrt zum Nemrud dagi.
Die Fahrt führt durch eine weite Ebene zwischen Urfa und Harran. Ich brauche einige Zeit, bis ich realisiere, dass hier viel Baumwolle angebaut wird und dass die beiden Reihen von weißen Büscheln, die auf der gesamten Strecke den Straßenrand säumen, aus Baumwolle bestehen.
Wir landen bei der alten Stadtmauer von Harran und ich nehme nicht die Straße in die Stadt, sondern die Spur, die durch das enge Tor auf den Hügel führt. Dieser Hügel steht singulär in der Ebene und es ist klar, dass es nur ein Höyük sein kann, d.h., ein künstlicher Hügel, der durch Jahrtausende von Bebauung entstanden ist. Alles was bisher ergraben wurde, ist nur ein vorsichtiges Ankratzen des gesamten Befundes. Die gesamte Türkei ist voll mit solchen Höyüks, die noch viele Überraschungen bringen werden.
Die Stadtmauer selbst ist mittelalterlich und umgrenzte einmal den gesamten Hügel.
Wir fahren hoch, wo es eine Parkmöglichkeit gibt. Dort werden wir sofort von einem sehr gut englisch sprechenden Türken empfangen, der uns einen Führer andient – kein Geld, nur Englisch üben…
Es gibt zwar angelegte Führungswege und Absperrungen – aber keine Betreuung. Deshalb haben die Einheimischen das als Verdienstquelle übernommen. Es gibt keine Preise – das wird den Besuchern überlassen.
Ich habe eigentlich eine Abneigung gegen diese Masche, aber Angela reagiert interessiert darauf.
Unsere Begleitung ist kundig und zuvorkommend. Wir erfahren viel von der Geschichte. Es wird deutlich, dass die neolithische Bedeutung keine Rolle spielt. Die islamische umso mehr, zumal Harran die Stadt Abrahams ist.
Wir gehen also zur großen Moschee, die ausgegraben und auf amerikanische Weise ausgebaut und „restauriert“ wird.
Nach einem ausgiebigen Rundgang gehen wir runter ins Dorf – gegenüber der Stadt. Dort hat der, der uns angesprochen hat, als Attraktion einen alten Hofkomplex erstanden und museal ausgebaut. Der Eintritt ist dem Besucher überlassen.
Ich kenne zwar diesen Haustyp noch nicht, ansonsten sind mit aber alle Einrichtungsgegenstände bekannt, während für Angela alles neu ist. Es gibt auch Räder und sogar einen Pflug.
Baumaterial ist anscheinend Kerpec, mit strohgebundenem Lehm als Verputz bestrichen. Das muss wohl hin und wieder erneuert werden. Viel Regen hält diese Bauweise nicht aus.
Das Ganze ist folkloristisch bunt, aber ohne jede wirkliche Konzeption oder pädagogische Aufbereitung. Wir lassen noch ein paar Fotos von uns machen und zahlen dem Eigentümer dann 200 TL, etwa 5,50 Euro. Unserem Führer geben wir 100 TL.
Vom Parkplatz oben auf dem Hügel sieht man unten die Höckerdächer der Ausstellung im Dorf.
Es gibt auch ein Bild der Stadt auf dem Hügel, die im Mittelalter mit einer Stadtmauer rund um den Hügel versehen war.
“Harran Mittelalter 7.-13. Jahrhundert”
Das reizt mich, mir einmal die alte Stadtmauer anzusehen.
Auch der Wassergraben ist noch vorhanden.
Einige Partien wurden wohl neu gerichtet.
Das Problem ist wohl, auf was man sich konzentrieren soll: Abraham und der Islam führen eher zum Mittelalter. Dies ist aber die jüngste der archäologisch interessanten Schichten. Auf dem Grund des Hügels kommen wir wohl mindestens ins PN zurück, wenn nicht gar ins PPN.
Dafür haben aber inzwischen Göbekli Tepe und Karahan Tepe die Show gestohlen.
In diesem Abschnitt sind mindestens 1000 Jahre Baugeschichte vereint.
Auf der anderen Seite der Straße zur Stadt sind Händler und der Friedhof der Stadt.
Auf der Seite zur Stadt hin ist die Mauer stark zerstört und es gibt Marktstände davor.
Man kann dort auch auf den Hügel hochfahren. Oben ist eine kleine Dorfsiedlung mit Bauern. Dort zu graben dürfte schwierig werden, weil die Bauern umgesiedelt werden müssten. Aber eigentlich müsste der gesamte Hügel für jede Bautätigkeit gesperrt und zum archäologisch bedeutsamen Gelände erklärt werden.
Wir parken an der Einfahrt in die Stadt und sehen uns die umtriebigen Geschäfte an. Es wird viel arabisch gesprochen. Wir sind nur noch 18km von der syrischen Grenze entfernt.
Man sieht auch Männer in Kaftan und Turban.
Angela hat ein Problem mit dem allgegenwärtigen Müll, der auch in Sanliurfa in jedem Viertel hinter einer Hauptstraße zu sehen ist. Dass das Leben mitten in diesem Müll abläuft, ist für Angela sehr problematisch. Ich habe bis jetzt in diesen arabischen Vierteln noch nicht fotografiert. Das sollte ich aber noch machen. Gerade dort, wo Angela nicht hin will….
Das Motorrad, das zum motorisierten Kamel gestylt wurde, ist ein Foto wert.
Harran insgesamt verblasst unter dem Eindruck von Göbekli tepe.
Wir nutzen den Abend, um noch vor 17 Uhr ins Stadtmuseum zu kommen, dessen Lage an der alten Stadtmauer wir inzwischen ja kennen.
Aber auch dieses ist nach dem genialen Stadtmuseum in Manavgat, das wir kennenlernen konnten, nur ein schwaches Beispiel einer musealen Präsentation. Immerhin, die Skulpturszenen im Hof sind Fotos wert.
Danach nützen wir die Zeit und fahren ins PIAZZA, den supergroßen Einkaufstempel.
Bei Rossmann (!) erhalten wir Labello und Feuchte Tücher und im Migros einen Sixpack Efes. Tamam!
Im Hotel mache ich mich an die Fotos und Angela geht schwimmen. Ich entscheide mich, aufgrund einer aufkeimenden Erkältung nicht zu schwimmen oder ins Hamam zu gehen.
Als Angela vom Schwimmen hochkommt, gehen wir zum Essen ins Rooftop.
Zwei Suppen, eine Penne arabiatia und einen Bauernsalat. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut. Danach noch ein Bier auf dem Zimmer.
Damit sind die Feierlichkeiten zum 77. Geburtstag auch schon ziemlich zuende…
Heute haben sich viele gemeldet. Anrufe, SMS, Mail, Facebook und WhatsApp. Ich konnte nur auf Anrufe und WhatsApp reagieren.
Und – nebenbei bemerkt: Wir haben nur noch 2 volle Tage vor uns. Dann geht es wieder nachhause.
Morgen wollen wir nach Karahan Tepe.
30.01.2025
Übliche Routine: Ich stehe schon früher auf und gehe zum Frühstück. Angela schläft noch und kommt zwischen 9.30 Uhr und 9.45 Uhr nach, um zumindest noch einen Kaffee zu bekommen.
Ich gönne mir heute nur einen Teller Deftiges zum Frühstück – ohne Fruchtjoghurt oder sonst einen Nachtisch. Dafür nehme ich dazu eine Suppe.
Wir bleiben bei unserem Vorhaben, nach Karahantepe zu fahren. 58 km sind nicht zu weit. Es geht zunächst auf der D400 über die fruchtbare Ebene von Harran nach Osten und dann südlich ab in die hügelige Bergzone.
Karahantepe liegt in den niedrigen Hügeln wirklich weit ab jeder größeren Siedlung. Wir landen bei einem Empfangsgebäude. Danach geht es ins offene Ausgrabungsgebiet – zwar eingezäunt, aber ohne Eintritt und ohne Beschränkung.
Man erkennt den auf der Ebene aufsitzenden Hügel, der teilweise aus Fels, aber auch aus Füllschutt besteht. Das Dunkle ist Aushub, der beim Freilegen der Befunde angefallen ist. Anscheinend wird das Ganze von einer privaten Gesellschaft finanziert. Im Moment sind wenige lokale Arbeiter beim Ausgraben – wohl aber ohne Archäologen.
Wir stellen bald fest, dass wir uns frei bewegen können und nützen das aus.
Zunächst aber noch einige Fotos von der Landschaft, in die der tepe eingebettet ist.
Und dann zu den Ausgrabungsbefunden:
Der menschliche Kopf an der Wand ist aus dem Felsen herausmodelliert. Alle Skulpturen tragen eine flache Oberfläche in gleicher Nivellierung. Das könnte ein Anzeichen für eine frühere Dachkonstruktion sein.
Im Moment wird nur rudimentär gearbeitet. Die meisten Befunde sind mit Flies abgedeckt. Es ist aber noch genug offen zu sehen – und liegt auch überall rum.
Den erigierten Penis neben vielen weiteren Phallussymbolen haben wir auch in Karahantepe in einer Großplastik eines Mannes.
Es dauert eine Weile bis ich erkenne, dass die Köpfe einiger T-Pfeiler wohl aus der Erde ragten. Ab diesem Moment konnte ich realisieren, wie man eine solche Anlage vor einer Ausgrabung erkennt.
Die Pfeilerköpfe haben eine quaderförmig rechteckige und zubehauene Form, die allerdings der Verwitterung ausgesetzt ist und deshalb nach 10.000 Jahren entsprechend aussieht. Man erkennt auch, dass gerade durch die Verfüllung – also das „Begraben“ der Anlage – diese erhalten wurde.
Ausgrabung ist damit der Beginn der weiteren Zerstörung.
Damit habe ich die Möglichkeit, anhand der Oberflächenbefunde solche Anlagen vor einer Ausgrabung bestimmen zu können: Feuersteingeräte (Obsidian, Silex) in Vergesellschaftung mit T-Pfeilerköpfen, die in Gruppen angeordnet sind, sind deutliche Leitspuren einer PPN-Ausgrabungsstelle.
Solche noch nicht ausgegrabenen T-Pfeilerköpfe stecken noch überall auf dem Gelände unausgegraben im Boden.
Hier in Karahantepe gibt es auch kleinere Typen von ausgegrabenen T-Pfeilern, von denen auch welche überall rumliegen.
Es gibt auch ganze Anlagen kleineren Formates, was mich zu der Idee bringt, dass Krahantepe eine etwas spätere und „billigere“ Anlage war: Wer nicht genug „zahlen“ konnte für Göbekli tepe, konnte sich hier verewigen lassen.
Ich stehe direkt neben einem liegenden T-Pfeiler.
Und dann fehlt in meiner Beschreibung noch etwas, das in Karahantepe überdeutlich vorkommt: KUPOLEN!
Man findet sie überall. Und nicht nur in der üblichen Tassengröße, sondern in allen Größen und Formen.
Sowohl Entstehungszeit als auch Zweck sind bisher wohl rätselhaft.
Ob Kupolen gefunden wurden, die mit unter der Zufüllung begraben waren, ist mir unbekannt. Falls das nie der Fall war, könnten diese auch erst später entstanden sein.
Der erste Zweck wäre die Sammlung von Regenwasser. Allein dafür ist der Aufwand mühsam und spricht für eine Entstehung im PPN. Die Anwesenheit gerade an kultisch bedeutsamen Orten könnte mit Heilzwecken, Gärprozessen, Fermentierprozessen oder ähnlichen Einflüssen von Sonnenlicht und Temperatur auf Flüssigkeiten zu tun haben. Ich bin sehr gespannt auf Lösungsansätze.
Ich habe noch nie einen Platz kennengelernt mit mehr Kupolen und vor allem – mit dieser Variantenvielfalt. Ganz unten beim Eingang zum Ausgrabungsgebiet ist noch eine von Badewannengröße. Leider fehlt mir die Aufnahme dazu.
Außerdem fällt mir erst später ein, dass ich nicht nach den Steinbrüchen gesucht habe, wo die Artefakte herausgeschlagen wurden. Das wäre hier möglich, weil NOCH alles frei zugänglich ist.
Wir sitzen noch bei einem Tee beim Empfangsgebäude und fahren dann zunächst weiter in die Berge und dann in einer großen Schleife wieder zurück zur D400.
Im Hotel geht Angela schwimmen – diesmal ohne mich. Ich bleibe im Zimmer und arbeite am Tagebuch.
31.01.2025
Unser letzter Tag hier.
Die Entscheidung ist einfach: Wir empfanden Karahantepe als eine umwerfende Möglichkeit, eine Ausgrabung hautnah zu erkunden. Dass kein Eintritt erhoben wird, ist dabei eigentlich unwichtig. Dass man nicht reglementiert wird, solange man sich einigermaßen angemessen verhält, ist bedeutend wichtiger.
Also fahren wir nochmals nach Karahantepe.
Wir kennen die Fahrt inzwischen. Aus dem Hotel raus und gleich auf die D400 – nach etwa 35 km geht es nach Süden ab, an der Hügelkette entlang und dann nach links ins Hügelland.
Wir kennen uns inzwischen aus: Wirklich alte Dörfer liegen auch in der Ebene auf einem Hügel, weil Tausende von Jahren Häuser aus ungebrannten Lehmziegeln einen immer höher anwachsenden Schuttberg entstehen lassen – „Höyük“.
Wenn sich über einer fruchtbaren Hochfläche Hügel erheben, ist das ebenfalls ein gutes Zeichen für einen archäologisch interessanten Platz.
Wir wissen inzwischen, dass wir überall archäologische Befunde vorfinden werden und sind deshalb sehr aufmerksam.
Allerdings sind heute bedeutend mehr Personen anwesend, darunter eine ganze Gruppe Jandarma in Zivil mit zwei Hunden, die allerdings Jandarma-Halfter tragen. Mal sehen, ob das für uns Einschränkungen bedeutet.
Ich mache als Erstes Fotos des Beckens, das eine badewannengroße Ausführung einer Kupole darstellt.
Danach will ich es wissen: Ich gehe in einen weglosen Bereich mit vielen Hinweisen auf archäologische Befunde, zwar umzäunt, aber weglos und noch ohne jede Bearbeitung.
Dort finde ich dann auch Obsidian.
Obsidian, Silex – daraus wurden die Steinwerkzeuge gemacht: Messer, Pfeilspitzen, etc. Sie liegen dort überall, wo man eigentlich nicht hin soll…
Dass ich mich in diesem offen ersichtlichen Bereich immer wieder bücke, etwas in die Hand nehme und fotografiere, fällt natürlich auf. Ich werde darauf hingewiesen, dass ich mich weniger auffällig bewegen solle. Das war aber auch die einzige Einschränkung, die ich erfahren konnte. Mein Hinweis auf Klaus Schmitt hat wohl auch gewirkt. Ich hörte zumindest, dass derjenige, der mich zurückgerufen hat, diesen Namen am Telefon nannte.
Den kennen wir ja schon…
Diese lebensgroße Figur ist allerdings singulär in Karahantepe. Es gibt außer einem menschlichen Kopf keine auch nur irgendwie vergleichbare Vollplastik in der gesamten Anlage.
Diese Vollplastik steht in der höchstgelegenen Anlage und wurde nicht abgedeckt. Zur Zeit wird nicht gegraben. Die Arbeiter, die am Graben sind, heben die Fundamentgruben für die Dachkonstruktion aus. Sie müssen bis auf den Fels runter, was unten am Ausgrabungsgebiet immerhin 6-8 m Tiefe bedeutet. Natürlich müssen sie kundige Ausgräber sein, damit sie keine wichtigen Befunde übersehen oder zerstören.
Es sind zur Zeit keine Archäologen anwesend, was bedeutet, dass der Ausgrabungsschutt immer wieder überprüft werden muss. Seitlich sitzen in Haufen die Steine. Sichtbare Artefakte sind extra und Kleinfunde wie z.B. Silex sind in beschrifteten Plastiktüten. Heute ist bedeutend mehr los als gestern.
Auch rein landschaftlich hat der Platz was. Ackerbau bzw. natürlicher Wuchs von nutzbaren Pflanzen ist gut möglich. Es gibt einen weiten Rundblick und es gibt genug Fels als Baumaterial und für Artefakte. Mir ist noch nicht klar, wie die Kunsthandwerker damals gearbeitet haben. Es gab noch einige Jahrtausende lang kein Metall. Folglich blieben nur Holz, Knochen und Werkzeuge aus noch härterem Stein, was allerdings alles nur für eine kurze Zeit funktionierte und dann ersetzt werden musste. Eigentlich müssten massenweise unbrauchbar gewordene Werkzeuge aufzufinden sein.
Ich muss mir das einmal erklären lassen.
Die vielen Kupolen sind zunächst einmal Auffangbecken für Regenwasser. Als solche machen auch die unterschiedlichen Größen Sinn. Es gibt auch Becken mit Zulaufkanälen, was für die Wassersammeltheorie spricht. Ein aufgespanntes Tierfell sammelt aber einfacher Wasser, ohne den Aufwand zu betreiben.
Ich bin also noch nicht zufrieden mit meinen Erklärungsansätzen. Trocknungsvorgänge, Gärvorgänge oder Fermentierungen wären eine weitere Erklärung.
Wir trinken noch einen Kaffee am „Kiosk“ und relaxen in der Sonne, bevor wir wieder mit dem Auto nach Urfa fahren. Eigentlich wollten wir zunächst nochmals zum Karpfenteich, doch dann entscheiden wir uns für das Musik-Museum, was wir aber nicht finden. Wir landen beim Rathaus und finden keinen Parkplatz, stellen aber fest, dass wir ganz in der Nähe vom Nevali sind. Also fahren wir zum Hotel, parken dort und gehen zu Fuß in Richtung Moschee und Rathaus. Zwischen dem Hotel und der Moschee ist ein Park, der Angela sehr gut gefällt. Beim Cafe dort spricht uns eine Frau mit Kopftuch, die bei einem Mann am Tisch sitzt, in deutsch an – ob wir Deutsche seien. Wir kommen kurz ins Gespräch, erklären aber, dass wir zum Museum wollen. Angela hat aber wohl nur die Museumsverwaltung im Rathaus gefunden, nichts das Museum selbst. Wir gehen wieder zurück durch den Hof der Moschee und über die Fußgängerbrücke. Das Paar sitzt noch beim Cafe. Wir setzen uns zu ihnen, trinken einen Tee und kommen ausgiebig ins Gespräch. Sie ist Deutsche mit italienischen und ungarischen Wurzeln und seit wenigen Jahren nach dem Tod ihres Mannes mit einem Türken aus Urfa verheiratet. Die spricht inzwischen mehrere Sprachen fließend. Nachdem ich meine Geschichte mit der Türkei erzählt hatte, erzählt sie über ihren Beruf und erwähnt das Jugendamt. Damit geht unser Gespräch auf einer neuen Ebene erst recht los.
Während ich dieses Tagebuch führe, schwimmt Angela. Ich komme später hinzu für eine Runde heißes Wasser verschütten im Hamam.
Letztes Abendessen auf dem Zimmer. Angela hat schon die Koffer vorgepackt….
01.02.2025
Rückreise
Wir stehen um 9 Uhr auf und sind um 10 Uhr mit unserem letzten Frühstück fertig. Auschecken. Vor 11 Uhr sind wir auf der D400 nach Gaziantep und nehmen die neue Autobahn, die zumindest zur Zeit nichts kostet.
Etwa 50 km vor Gaziantep haben wir großes Glück. Ein Benzin-Tanklaster liegt quer auf den linken beiden Spuren auf der Seite. Sprit läuft aus. Mehrere Lkw stehen danach auf der rechten Seite und Menschen stehen beim umgekippten Lastzug. Es muss gerade passiert sein. Vor uns fahren Autos auf der rechten Seite vorbei. Wir fahren einfach mit. Es riecht verdammt nach Sprit. Es fehlt nur ein Funke und das Ganze geht hoch. Dass Leute direkt dabeistehen, ist völlig lebensmüde. Dass das Vorbeifahren gut ging, ist wohl auch Glück. Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir wohl unseren Flug nicht mehr erreicht. Es wird wohl eine Vollsperrung zur Bergung geben müssen. Dann runter zu kommen und eine Alternativstrecke zu nehmen, hätte uns Stunden gekostet.
Ich kann mir nur vorstellen, dass der Fahrer nicht aufmerksam war, eine Bremsung vor sich übersah und, um einen Auffahrunfall zu verhindern, ruckartig nach links auswich. Das hat die volle Ladung nicht mitgemacht und den Zug flachgelegt.
Ich halte nach den Lkws an, Angela will aber sofort weiträumig weg. Also fahren wir weiter.
Wir finden den Autovermieter ohne Probleme. Er ist mit anderen Vermietern am Stadtrand in Richtung Flughafen direkt an der Straße.
Wir fahren zu einem Hügel hinter dem Gelände der Autovermieter hoch und haben Glück. Ganz oben ist ein Picknickplatz. Ideal, um unsere letzten Vorräte zu essen und ich kann das letzte Bier dazu trinken.
Die Anlage solcher Picknickplätze ist in der ganzen Türkei typisch. Das fehlt uns in Deutschland. Und wenn es das gibt, gibt es eine Menge Beschränkungen: Es darf nicht gegrillt werden, es gibt kein Wasser, etc. In der Türkei ist immer alles da, was man zum Grillen, Sitzen und Essen braucht. Solche Plätze sind an den Wochenenden gut besucht. Es gehört zu den bevorzugtesten Familienunternehmungen, am Wochenende im Freien zu sitzen und zu Essen. Die anatolisch-nomadische Tradition ist immer noch im Hinterkopf…
Die Rückgabe des Autos ist völlig unspektakulär. Keine Inspektion durch den Vermieter. Wir werden sofort mit demselben Auto zum Flughafen gefahren. Damit sind alle wichtigen und im Vorein getroffenen Entscheidungen richtig gewesen. Wir sind sehr zufrieden.
Im Flughafen ist genug Zeit, um alles sehr gemütlich und ruhig anzugehen. Uns fallen die vielen Männer in weißer „Sauna-Kleidung“ und Badeschlappen auf. Es sind wohl Pilger auf der Hadsch.
Der Flug startet pünktlich. Wir haben – dem Sonnenstand angepasst – ziemlich weit hinten rechts die richtigen Plätze für Fotos.
Unser traditionelles Abschlussfoto (parallel zum Start-Foto am Anfang) zeigt uns braungebrannter, entspannter und erholter als vor einer Woche.
Staudamm bei Kahramanmaras
Istanbul überrascht mit schlechter Sicht. Erst bei der Landung wird uns klar, warum der Pilot ewig kreiste und wohl auf bessere Bedingungen wartete. Schließlich landet er doch und wir erleben einen reinen Instrumentenanflug bei etwa 200 hohem dichten Bodennebel bis zum Touchdown.
Die Leistung wird nicht mit Beifall belohnt. Das gibt es wohl nur bei deutschen Touri-Flügen.
Diese Landung hätte aber sicher Beifall verdient.
Der Rest ist schnell erzählt:
Wir hatten wieder viel Zeit bis zum Anschlussflug, wir in einem Cafe verbrachten.
Im Flieger hatten wir wieder links hinten Platz – in diesem Fall aber nicht mehr für Fotos nutzbar. Der Start war schon bei Dunkelheit und es gab auch viel bedeckten Himmel.
Der Flugzeugtyp war moderner – an jedem Platz war ein Multimediasystem verfügbar. Ich wählte einen Actionfilm: Top Gun Maverick mit Tom Cruise. Das bei einem Flug zu sehen, ist schon ein Erlebnis besonderer Art.
Der Film wurde durch das Essen unterbrochen und endete mit der Landung in Stuttgart.
Wir machen den Fehler, unten vor dem Ankunftstrakt auf unser Shuttle zu warten, obwohl dieses einen Stock höher auf uns wartete.
Als das gelöst war, war der Rest wieder entspannt und sehr einfach.
Ich fuhr wieder die Strecke von Stuttgart nach Bad Rotenfels.
Gut eine Stunde später kamen wir gegen Mitternacht in Rotenfels an.
Am Morgen waren wir mit dem Auto in Sanliurfa abgefahren.
Dann den Flug von Gaziantep nach Istanbul und von Istanbul nach Stuttgart.
Und schließlich wieder mit dem Auto von Stuttgart nach Bad Rotenfels.
Das war ein langer und ereignisreicher Tag.
Zuerst heizen.
Mein Gepäck ausladen, auspacken. Angela ließ ihren Koffer im Auto.
Als das Wasser heiß war, duschen.
Um 1.30 Uhr kamen wir endlich zuhause ins Bett.
Es ist schön, wieder wohlbehalten zuhause zu sein.